Echte Inklusion: Gewollt in der Theorie, abgelehnt in der Praxis

Inklusion ist ein Begriff, der in unserer Gesellschaft häufig positiv konnotiert ist. Wir hören oft von der Bedeutung der Teilhabe aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder einer Behinderung. 


Doch wenn es um die konkrete Umsetzung geht, zeigt sich, dass echte Inklusion nicht wirklich gewollt ist. Dieser Gedanke mag provokativ erscheinen, aber unsere Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung bestätigen dies immer wieder.

Viele Menschen befürworten die Idee der Inklusion – in der Theorie. 


Sobald es jedoch darum geht, selbst aktiv daran teilzunehmen, entstehen Berührungsängste und Unsicherheiten. Besonders in unserem Schwerpunktbereich, der Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Sport, sehen wir diese Problematik deutlich. Es ist nicht nur der Wunsch nach Teilhabe, sondern auch die Überzeugung, dass jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – das Recht und die Fähigkeit haben sollte, an Wettkämpfen teilzunehmen, seine sportlichen Fähigkeiten zu entwickeln und an seine Grenzen zu gehen. 


Doch die Realität sieht anders aus.


Die Paralympics, oft als Vorzeigemodell für inklusiven Sport gefeiert, sind in Wahrheit ein Spezialevent, das die Trennung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung weiter festigt. Es wird zwar anerkannt, dass Menschen mit Behinderung Sport treiben können, aber das Bild, dass sie in „ihrem“ speziellen Bereich bleiben müssen, ist tief verankert. Warum sollte es so sein, dass jemand, der vielleicht nicht die körperlichen Voraussetzungen eines klassischen Profiathleten mitbringt, von vornherein ausgeschlossen wird, etwa im Kampfsport an Wettkämpfen teilzunehmen?

 

Dieses Denken führt dazu, dass Menschen mit Behinderung nur am Rand unserer sportlichen Gesellschaft stehen. Sie sind dabei, aber eben doch nicht wirklich. Blindenfußball ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Menschen trotz erheblicher Einschränkungen auf höchstem Niveau Sport betreiben können. Doch diese Leistungen werden häufig nicht als gleichwertig anerkannt. Es bleibt das Stigma, dass Menschen mit Behinderung „nicht wirklich“ in den „normalen“ Sport gehören.


Die Bereitschaft, echte Inklusion zu leben, ist in der Gesellschaft nicht vorhanden. Viele Menschen sagen, sie wären offen für Inklusion, aber wenn es darauf ankommt, weichen sie zurück. Zu groß sind die Vorurteile, die Unkenntnis und die Ängste. Was ist so anders oder schlimm an Menschen mit Behinderung, dass man sie von vornherein ausschließt? Warum dürfen sie nicht an den gleichen Sportarten teilnehmen wie andere? Wenn jemand ohne Behinderung nicht gut genug für eine Sportart ist, akzeptiert man das. Aber wenn jemand mit Behinderung die gleichen Schwierigkeiten hat, wird ihm die grundsätzliche Fähigkeit abgesprochen.


Echte Gleichheit bedeutet, dass jeder Mensch die gleichen Chancen bekommt, egal welche körperlichen Voraussetzungen er oder sie mitbringt. Wir fordern diese Gleichheit. Es geht darum, dass alle Menschen, die den Willen und die Leidenschaft mitbringen, die Möglichkeit haben sollten, an unserer Gesellschaft voll teilzuhaben – im Sport und darüber hinaus. Wer sich dieser Forderung entgegenstellt, schließt andere aus und trägt dazu bei, dass unsere Gesellschaft nicht wirklich offen und demokratisch ist.

Wir schließen niemanden aus, der für Inklusion eintritt. 

 

Aber wir müssen klar machen, dass wir keine halben Sachen akzeptieren können. Entweder steht man für echte Inklusion oder nicht. 

 

Es ist Zeit, dass wir aufhören, nur am Rande über Inklusion zu sprechen, und anfangen, sie wirklich zu leben – mit allen Herausforderungen, aber auch mit allen Chancen, die sie bietet.

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